Wenn der Roboter am Herd steht
Küchen, die ohne Menschen auskommen. Maschinenarme, die Cocktails mixen: Die Automatisierung wagt immer mehr und verändert auch abseits der Großküchen nachhaltig die Welt der Gastronomie.
10 verblüffende Beispiele für Automation in der Gastronomie
Keine Frage, Automatisierung ist Zukunft der Gastronomie. Alleine in Deutschland fehlen der Branche zehntausende Arbeits- und Fachkräfte. 27.000 Stellen sind laut der Bundesagentur für Arbeit derzeit unbesetzt, der tatsächliche Bedarf wird auf das Doppelte geschätzt. Intelligente Konzepte sind gefragt, die Mitarbeitende von körperlich anstrengenden Routinetätigkeiten entlasten und so auf Personalseite neue Kapazitäten schaffen. Nicht nur B.PRO treibt als Pionier am Speisenverteilband die Automatisierung in der Großküche voran. Auch in Systemrestaurants und der Individualgastronomie halten Roboter und andere Innovationen Einzug. Die meisten dieser Konzepte sind äußerst effizient, viele verblüffend kreativ und manche auch skurril …
Roboterküche von Goodbytz, Hamburg, Deutschland
So eine Küche hat die Hansestadt noch nicht gesehen. Die Entwicklung des Start-ups Goodbytz, ein großer Edelstahlkubus mit Glas- und Leuchtelementen, wirkt wie ein Element aus einem Science-Fiction-Film. Im Inneren der futuristischen Einheit agiert ein Roboterarm lässig auf acht Induktionsfeldern mit Töpfen, die zuvor über Wendelschnecken grammgenau mit den Zutaten befüllt worden sind. Damit nichts anbrennt, nehmen die Töpfe ordentlich Fahrt auf und rotieren mit 180 Umdrehungen pro Minute. Ein anderer Arm garniert derweil die Speisen mit Gewürzen oder Saucen. Auch eine Spülmaschine für die Töpfe ist in den Kubus integriert. Der Output des ausgeklügelten Systems: 150 Gerichte pro Stunde. Bei einem Lebenszyklus von rund fünf Jahren sind das insgesamt rund 6,75 Millionen Speisen. Ihre Käuferschaft soll die Roboterküche unter anderem in der Welt der Ghost Kitchens finden. Auch ein eigenes Flagship-Restaurant in der Hamburger Innenstadt ist in Planung.
The Tipsy Robot, Las Vegas, USA
Ob geschüttelt oder gerührt: Wer nach einem Tag im Casino die Lust auf einen erfrischenden Cocktail verspürt, wird hier fündig – sollte allerdings nicht auf ein Schwätzchen mit dem Team hinter der Bar aus sein. Denn das besteht aus Industrierobotern, deren Himmel voller Flaschen hängt. Nach der Bestellung per Tablet greifen die präzise nach allen benötigten Ingredienzen und mixen den gewünschten Drink – Zitronenscheibe, Eis und Co. inklusive. Das Showkonzept passt perfekt in die Welthauptstadt des Entertainments und hat aus Betreibersicht einen großen Vorteil: Muskelkater nach einer langen Schicht Getränkemixen ist ausgeschlossen.
Foodom Tianjiang Food Kingdom, Foshan, China
Hier darf es von allem ein bisschen mehr sein. Mehr als 40 Roboter sind im Einsatz, um 600 Gästen Speisen aus den Kategorien Chinesisch, Hot Pot und Fast Food zuzubereiten. Roboterkellner mit breiten LED-Augen ziehen ihre Runden, um die kulinarischen Kundenwünsche in Empfang zu nehmen und Tabletts mit Nachspeisen zu transportieren. Auch die Zubereitung warmer Gerichte ist hochautomatisiert, der Nudelroboter etwa bringt es auf 120 Portionen in der Stunde. Die lassen im Gastraum dann Greifarme von der Decke einschweben. Direkt auf die Tische kommen die Teller allerdings nicht. Das erledigt weiterhin klassisches menschliches Personal. Ein wenig Tradition tut auch ganz gut, schließlich liegt das XXL-Roboter-Restaurant im Foshan Shunde District, der Wiege der kantonesischen Küche.
Avatar Robot Café, Tokio, Japan
Hier übernehmen Roboter die Gastgeberrolle: Die Besucherinnen und Besucher werden nicht nur von einem Host-Bot empfangen. Auch von der Menüempfehlung bis zum Servieren liegen alle Service-Aufgaben in den Händen sympathischer mechanischer Wesen mit großen, leuchtenden Augen. Dabei ist das preisgekrönte Avatar Robot Café Reallabor für Inklusion und Integration: Die Roboter werden von Menschen ferngesteuert, die in ihrer Mobilität aus gesundheitlichen Gründen stark eingeschränkt sind. Selbst Patientinnen und Patienten, die ihr Bett nicht verlassen können, nehmen so wieder am sozialen Alltag teil.
CaliExpress, Kalifornien, USA
Am Hightech-Standort Kalifornien haben sich mehrere Unternehmen zusammengetan, um ihre Vision vom vollautonomen Restaurant umsetzen. Bei der Speisenzubereitung setzt CaliExpress auf ein Roboter-Duo: Der eine kümmert sich um Burger, der andere sorgt für knusprige Pommes. „Wir können nicht genug Leute finden, die an der Fritteuse und den Grills arbeiten“, heißt es von Unternehmensseite. „Das sind gefährliche Arbeiten, und diese Automatisierung hilft uns, viele dieser Probleme zu lösen.“ Beim Kundenkontakt wiederum sind Gesichtserkennung und KI im Spiel. Ihre persönlichen Fast-Food-Vorlieben werden wiederkehrenden Gästen so im wahrsten Sinne des Wortes von den Augen abgelesen, böse Überraschungen beim ersten Bissen ins saftige Fleisch gibt es keine mehr: „Jetzt wird jeder Burger jedes Mal auf genau dieselbe Weise zubereitet.“
Food Loop, Europapark Rust, Deutschland
Die Speisen werden hinter den Kulissen noch ganz klassisch mit Man- und Womenpower gekocht. Dafür ist der Servierprozess im „weltweit ersten Loopingrestaurant“ ein einziges Spektakel, das so manch hungrigen Mund offenstehen lässt: Durch den gesamten Raum winden sich glänzende Schienen aus Edelstahl, auf denen nach der Bestellung per Touchscreen das Leben erwacht. Über Wendel sausen kleine Wagen, die mit Kochtöpfen, Getränkeflaschen und Nachspeisen in Einmachgläsern beladen sind, von oben herab auf die Tische – direkt vor die Besucherinnen und Besucher.
Automat Kitchen, Jersey City, New Jersey
Automatenrestaurants sind echte Klassiker. Denn die Wände voller beleuchteter Fächer, hinter deren transparenten Türen allerlei Leckereien warten, gibt es schon seit mehr als 100 Jahren. Das Unternehmen Automat Kitchen hat dem bewährten Konzept nun einen digitalen Twist verpasst: Die Speisen warten nicht mehr so lange in den Fächern, bis sie eine Käuferin oder einen Käufer finden. Stattdessen nehmen Terminals mit Touchscreens die Bestellungen entgegen, die Gerichte werden von Mitarbeitenden frisch zubereitet und sind nach ein paar Minuten hinter den Automatentüren abholbereit.
Nan's, Wien, Österreich
Mit seinem aufgesetzten Puppenkopf samt Kochmütze mag der „NooBot“ optisch ein wenig schräg wirken. Seine Leistung kann sich dafür umso mehr sehen lassen. Pro Minute bereitet er 150 Dao-Xiao-Nudeln zu, in dem er sie mit einem Messer von einem Teigblock schabt und direkt in den Kochtopf befördert. „Die Nudeln sollten wie kleine Blätter sein: in der Mitte dick und außen ganz fein“, erklärt Restaurantgründerin Nan Pustelnik-Zhao das Ideal. Und das bekommt „NooBot“ in absoluter Perfektion hin. Die Teigwaren entstammen der traditionellen nordwestchinesischen Küche und werden unter anderem mit Sesam-Erdnuss-Sauce, gewürfeltem Schweinebauch oder zu einer Miso-Suppe mit Tofu und Gemüse serviert.
Pizzaautomat von Let’s Pizza, Bozen, Italien
Es muss nicht immer ein Steinofen sein. Manchmal tut es auch ein knallroter Automat. Rund um die Uhr wird hier in mehreren Schritten – und das ohne menschliche Hilfe – frische Pizza produziert: Nachdem der Teig mit Mehl und Wasser frisch angerührt und anschließend geformt wurde, kommen Tomatensauce und Topping dazu. Anschließend wird die Pizza in weniger als drei Minuten bei Hochtemperatur knusprig gebacken – fertig!
Yaya, Münster, Deutschland
Das Bowl-Franchise hat erkannt, welches Potenzial in der Automatisierung steckt. „Die Pandemie hat das Problem noch verschlimmert“, sagt Gründer Dennis Grote zum Thema angespannte Arbeitsmärkte. „Es fehlt besonders an ausgebildeten und erfahrenen Köchen. Wir können das Restaurant mit nur zwei Mitarbeitern betreiben, ohne Roboter bräuchte es zusätzlich drei Köche.“ In der automatischen Küche finden sich sieben schwarze Töpfe, die sich nach der mechanischen Befüllung mit den Zutaten im 45-Grad-Winkel drehen. Infrarottechnik erhitzt die Töpfe dann auf 180 Grad, anschließend werden die fertigen Gerichte selbsttätig in ihre Schüsseln gekippt. Heißes Wasser aus Druckdüsen reinigt die Töpfe – und der Kochprozess startet wieder von vorn. Lediglich das Verfeinern der Bowls mit Salat, Rohkost und Körnern läuft manuell.
Automatisierung und Digitalisierung liefern viele Antworten
Die Gastronomie rund um den Globus ist in Bewegung. Automatisierung und Digitalisierung lösen viele Herausforderungen auf Betreiberseite und bieten zugleich spektakuläre Erlebnisse für die Gäste. Eines ist dabei aber immer wieder auch zu hören: Dass der finale Kundenkontakt einen menschlichen Touch, eine persönliche Note behalten sollte. „Da werden weiterhin Leute sein, die das Essen einpacken“, etwa Alana Abbitt, einer der Köpfe hinter CaliExpress in Kalifornien. „Wir wollen, dass jemand das Essen zusammenstellt, verpackt und nach außen das freundliche Gesicht ist.“
Automatisierungslösungen in Klinikküchen, im Catering oder in Ghost Kitchens sind somit im Vorteil gegenüber Angeboten, die sich direkt an Endkunden richten: Sie können ganz auf effiziente Prozessabläufe optimiert werden, ohne dabei Kompromisse eingehen zu müssen. Denn am Ende bleiben sie für all jene, die die Speisen verzehren, unsichtbar.
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